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Historie & Chronologie des Tagebaus Hambach


Klage des BUND NRW gegen das Bergamt Düren wg. Tagebau Hambach

Von Dorothea Schubert

"Das Motiv enthült den Charakter des Menschen. Was er tut entspricht lediglich seinen Möglichkeiten." Perry Rhodan

Wir haben unsere Klage gegen den Rahmenbetriebsplan für einen Abschnitt des Braunkohlentagebaus Hambach verloren. Aus meinen Beobachtungen in den letzten 10 Jahren habe ich mir den Hergang der Geschehnisse rekonstruiert. Ob es wirklich so gewesen ist, weiss ich nicht - aber es könnte sich gut so abgespielt haben:

3. Mai 1993 - Rheinbraun beantragt beim Bergamt für einen weiteren Abschnitt des Tagebaus Hambach die Zulassung eines neuen Rahmenbetriebsplanes. Eigentlich gilt seit 1990 die UVP-V Bergbau, die in diesem Verfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorschreibt.

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung für einen Rahmenbetriebsplan - was würde das bedeuten? Eine öffentliche Anhörung!!! Und genau so etwas hatte man vor einem Jahr bei "Garzweiler II" drei Wochen lang lang in Erkelenz miterlebt.

Also: Bloß keine Öffentlichkeitsbeteiligung!! Bloß keine Umweltverträglichkeitsprüfung!! Das will weder Rheinbraun noch wollen es die Behörden.

Was tun - zumal die Vertreterin der Naturschutzverbände im Braunkohlenausschuss hartnäckig nach der UVP fragt?

Krisensitzung im Landesoberbergamt in Dortmund. Und dann der kühne Plan: Wir machen einfach keine UVP! Wir führen das Verfahren nach dem alten Bundesberggesetz von 1980 durch! Das Bergamt bekommt eine entsprechende Anweisung und trägt damit keine Verantwortung!

Die tatsächlich Verantwortlichen sitzen woanders. Z.B. im Wirtschaftsministerium unter dem damaligen Wirtschaftsminister Clement, dass auch zum alten - bequemeren - Zulassungsverfahren rät. Schützenhilfe geben auch die gewieften Strategen des RP Köln. Dort wird sogar ein 20 Jahre altes Umweltgutachten zur Umweltverträglichkeitsprüfung umfrisiert.

Und als dieser BUND sich tatsächlich erfrecht, das Bergamt zu verklagen und das korrekte Verfahren vor Gericht einfordern will, kommt aus Köln der entscheidende Rat: Schmeisst sie mit dem Material zu. Beteiligt die Naturschutzverbände ausführlich am falschen Verfahren. Wenn möglich, setzt ein paar ihrer Vorschläge um!

Unsere Klage zwingt die Gegenseite zu einer ganzen Reihe von Basteleien. Es müssen Argumente dafür her, warm man das neue UVP-Gesetz nicht anwenden muss:

  • Eigentlich habe Rheinbraun das Vorhaben ja schon 1973 geplant und 1975 beantragt und die damalige Landesregierung habe schon 1977 die gesamte Fläche genehmigt und was für die Ost-Tagebaue gelte ("begonnen ist begonnen") müsse auch für die West-Tagebaue gelten. (Dabei spielt es keine Rolle, dass die anvisierte Teilfläche um ein Vielfaches größer und tiefer ist als die Vorschriften in der UVP-V Bergbau.)
  • Und überhaupt das ökologische Gutachten von 1975 das sei doch in fast prophetischer Weise quasi eine UVP gewesen. (Dabei spielt es keine Rolle, dass damals nur die für Entscheidungsprozesse der 70er Jahre wesentliche Bereiche untersucht wurden - mit dem Know-how der 70er Jahre.)
  • Und dann war da noch die EU-Petition der Bürgerinitiativen. Als die Bundesregierung dazu gefragt wurde und diese sich an NRW wandte, verschwand doch auf mi(ni)steriöse Weise die kritische Stellungnahme des grünen NRW-Umweltministeriums und nur die Pro-Braunkohle-Position des Wirtschaftsministeriums gelangte nach Brüssel!

Im Endeffekt haben die vereinten Anstrengungen vom Landesoberbergamt, Rheinbraun und seiner Rechtsanwälte sowie der Braunkohlegeschäftsstelle bei Regierungspräsident Antwerpes dazu geführt, dass unsere Argumentation, wir wären am falschen Verfahren beteiligt worden, leider die Luft ausgegangen ist.

Aber wir haben sie gezwungen, sich auf hohem Niveau intensiv mit der Braunkohlenplanung und dem (neuen) Bergrecht und der Bedeutung des Umweltschutzes für den Tagebau Hambach auseinanderzusetzen. Noch einmal werden sie diese Masche nicht durchziehen können.

Dorothea Schubert, 01/2000 Vertreterin der anerkannten Naturschutzverbände im Braunkohlenausschuss und Mitglied im BUND Landesvorstand

v.l.n.r. Dirk Jansen, Klaus Brunsmeier, Peter Inden, Martin Küpper

O-Töne nach der mündlichen Verhandlung am 10.11.1999 vor dem Verwaltungsgericht Aachen

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Chronologie des Braunkohletagebaus Hambach

25.04.1950 Gesetz betreffend die Gesamtplanung im Rheinischen Braunkohlengebiet
1972/1973 Konkretisierung der Rheinbraun-Planung zum Aufschluß des Tagebaus Hambach
1974 Bergbautreibende stellt einen Antrag auf Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung und Verbindlichkeitserklärung des Braunkohlen-Teilplanes Hambach
19.07.1974 Ein erster Rahmenbetriebsplan wird eingereicht.
1974/1975 Erstellung eines Ökologischen Gutachtens (Forstwesen, Klima und Lufthygiene, Vegetation, Fauna, Landschaftsökologie, Erholung)
16.12.1975 Braunkohlenausschuß (BKA) beschließt die Aufstellung des Teilplanes 12/1 - Hambach
1976 Nach Offenlegung des Planes sowie erfolgter Anhörung der Einwender und Prüfung durch den Braunkohlenausschuß wird der Antrag auf Verbindlichkeitserklärung des Teilplanes 12/1 - Hambach - der Landesregierung vorgelegt.
11.05.1977 Ministerpräsident Kühn unterschreibt die Verbindlichkeitserklärung auf Grundlage des "Gesetzes über die Gesamtplanung im Rheinischen Braunkohlenrevier". Der Teilplan beinhaltet insbesondere eine Festlegung der äußeren Begrenzungslinien für den Braunkohlenabbau und die Außenhalde Sophienhöhe.
15.06.1977 Eine überarbeitete Fassung des Rahmenbetriebsplanes I wird eingereicht
07.03.1978 Zulassung des Rahmenbetriebsplanes I
02.04.1979 Die "Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten" (79/409/EWG) der Europäischen Gemeinschaft wird erlassen
28.11.1979 Die Braunkohlenplanung wird Teil der Regional- und Landesplanung.
03.07.1985 Die EG-Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) wird bekanntgemacht
03.07.1988 Ende der Umsetzungsfrist der UVP-Richtlinie der EG
1989/1990 Erste Überprüfung der Teilplanes. Die Bezirksplanungsbehörde wird vom BKA beauftragt, einen Braunkohlenplanvorentwurf, der die Teilabschnitte Umsiedlung, Straßen und Schienenwege umfaßt, zu erstellen.
12.02.1990 bis 13.07.1990 Die EU-UVP-Richtlinie wird verspätet in deutsches Recht umgesetzt: Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, Novellierung des Bundesberggesetzes, Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben
15.01.1991 Der Arbeitskreis Hambach beschließt, die o.g. sachlichen Teilabschnitte zu entkoppeln
02.02.1993 Änderung des Landesplanungsgesetzes regelt UVP bei Braunkohlenplanverfahren
03.05.1993 Ein zweiter Rahmenbetriebsplan zur Fortführung des Tagebaus Hambach (1996-2020) wird ohne vorherige UVP eingereicht
25.02.1994 Der BKA genehmigt den Braunkohlenplan Hambach, Teilabschnitt Umsiedlung Etzweiler/Gesolei. Die Bezirksplanungsbehörde wird mit der Erstellung eines Braunkohlenplanentwurfs, sachlicher Teilabschnitt Verkehr unter Einbeziehung der mit einer evtl. vorzeitigen Verlegung der A 4 verbundenen Änderung des Straßennetzes, beauftragt
28.02.1994 Die Landesregierung genehmigt den Braunkohlenplan Hambach, sachlicher Teilabschnitt Umsiedlung Etzweiler/Gesolei
16.05.1994 Das Bergamt Köln beteiligt die anerkannten Naturschutzverbände am Zulassungsverfahren
21.11.1994 In der Stellungnahme der Naturschutzverbände wird das Unterlassen einer UVP und die Beteiligung am falschen Verfahren gerügt
20.06.1995 Das Bergamt Düren legt die bei der Rheinbraun AG zusätzlich angeforderten "Angaben zum Naturhaushalt" vor
03.08.1995 Die anerkannten Naturschutzverbände weisen in einer weiteren Stellungnahme zahlreiche gravierende Mängel der zusätzlichen "Angaben zum Naturhaushalt" nach und kritisieren erneut die unzureichende Beteiligung
04.08.1995 Die Rheinbraun AG beantragt beim Bergamt Düren die sofortige Vollziehung der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes
17.08.1995 Der Rahmenbetriebsplan zur Fortführung des Tagebaus wird vom Bergamt Düren zugelassen
04.09.1995 Der BUND legt gegen die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes vom 03.05.1993 Widerspruch ein. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung.
07.09.1995 Das Bergamt Düren legt den BUND-Widerspruch dem Landesoberbergamt zur Entscheidung vor
15.09.1995 Das Bergamt Düren ordnet auf Antrag des Rheinbraun AG die sofortige Vollziehung der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes an
19.09.1995 Der BUND ergänzt seine Widerspruchsbegründung vom 04.09.1995 hinsichtlich der Pflicht zur Durchführung einer UVP
31.05.1996 Das Landesoberbergamt weist den Widerspruch des BUND gegen die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes zurück.
02.07.1996 Der BUND erhebt vor dem Verwaltungsgericht Aachen Klage und beantragt, die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes aufzuheben
04.07.1996 Das VG Aachen beschließt, die Rheinbraun AG beizuladen
13.12.1996 Der BUND begründet die Klage vor dem Verwaltungsgericht Aachen und beantragt, die Frage der Anwendung der EU-Überleitungsvorschriften dem EuGH zur Prüfung vorzulegen; zahlreiche Schriftsätze folgen
10.11.1999 Mündliche Verhandlung der BUND-Klage vor dem VG Aachen; die Klage wird abgewiesen
24.12.1999 Der BUND beantragt beim VG Aachen die Zulassung der Berufung

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Redner sprachen beim neuen Tagebau Hambach vom Jahrhundert-Werk

Minister setzt Riesenbagger in Marsch

400 Gäste- waren Zeuge des Ereignisses

Erftkreis (mü) - Im Dreieck zwischen Bergheim, Düren und Jülich graben sich seit gestern Mittag hinter einem "Limes", aufgeschüttet aus heimischem Ackerboden, zwei gigantische Bagger tief ins Erdreich des Hambacher Forstes. Das Ziel der Maschinen, die vom nordrheinwestfälischen Wirtschaftsminister Hörst-Ludwig Riemer per Knopfdruck in Gang gesetzt wurden, liegt in 200 bis 500 Meter Tiefe: Rheinbraun greift die riesigen Kohlevorräte an, die zwischen Köln und Aachen in der Erde liegen.
Im Zuge vom, Hambach 1 sollen 2,4 . Milliarden Tonnen des heimischen Energieträgers gefördert werden. Von den insgesamt 55 Milliarden Tonnen, die im Revier geortet wurden, können nach Ansicht von Rheinbraun in den nächsten Generationen noch rund 35 Milliarden Tonnen wirtschaftlich gewonnen werden.

Rund 400 Gäste

Hinter dem hohen Erdwall am Rand der Orte Hambach und Oberzier, der die Bürger vor Lärm und Staub schützen soll, wurde gestern morgen dem Jahrhundertprojekt gebührend Rechnung getragen. Insgesamt rund 400 Gäste verfolgten die Inbetriebnahme des ersten Baggers.
Mit dem Minister, der die energiepolitische Bedeutung der Braunkohlenförderung im Rheinland hervorhob, waren die Gäste per Omnibus hinaus an den Rand des knapp 40 Quadratkilometer großen Waldes gekommen. Darunter Regierungspräsident Dr. Franz-Josef Antwerpes, Landräte, Oberkreisdirektoren, Bürgermeister und Verwaltungschefs aus den umliegenden Kreisen und Kommunen.

Großes Polizeiaufgebot

Die Polizei begleitete das Spektakel mit einem großen Aufgebot an Beamten, die der Prominenz nicht von den Fersen wichen. Der offizielle Start zu dem Unternehmen, das bereits seit Jahrzehnten ins Auge gefaßt ist und das seit einige Jahren mit einiger Skepsis verfolgt wird, ist vor dem Hintergrund der Lage auf dem Energiemarkt zu sehen. Wenn Mitte der 80er Jahre die Tagebaue Frechen und Fortuna-Garsdorf auslaufen, soll Hambach die dort verlorene Förderkapazität ersetzen. Mitte der 90er Jahre sollen pro Jahr 50 Millionen Tonnen gewonnen werden. So bleibt das Niveau von 110 bis 120 Millionen Tonnen in den Rheinbraun Betrieben erhalten. Die Sorgen der Anrainer, die sich in Bürgerinitiativen zusammengeschlossen haben , im um ihre Interessen gegenüber dem Bergbauunternehmen zu vertreten, sind ganz anderer Natur (siehe auch: Kritiker fordern neuen Teilplan). Grundsätzlich bezweifelt zwar niemand die Notwendigkeit des Aufschlusses der jetzt im Gange ist. Dennoch wurde jahrelang leidenschaftlich für die Erhaltung des knapp 40 Quadratkilometer großen Mischwaldes gekämpft, der etwa die Hälfte des gesamten Tagebaugebietes ausmacht.
Es regten sich auch die mehr als 5 000 Bürger in den vier Orten, die im Zuge des Tagebaufortschrittes ihre Heimat verlassen müssen.
Insgesamt kamen im Laufe eines langen Genehmigungsverfahrens vor der Verbindlichkeitserklärung des Ministerpräsidenten 3700 Einwendungen gegen das größte Unternehmen, daß Rheinbraun je in Angriff genommen hat.

Doch die Argumente  der energiepolitischen Notwendigkeit und der Arbeitsplatzsicherung für 15000, die auch gestern wieder zitiert wurden, überwogen stets das Projekt Hambach. Ernsthaft in Frage gestellt wurde der Tagebau nie grundsätzlich. Es ging den Kritikern in erster Linie um Planungsdetails, Fragen der Umsiedlung, der Rekultivierung und den Umweltschutz.
Ein aus elf Teilen bestehendes ökologisches Gutachten, das der Braunkohlenausschuß bei Experten orderte, ergab Forderungen, die allerdings nur zum Teil Einfluß in die Richtlinien zum Tagebau Hambach fanden.
Das der Tagebau mehr ist als nur ein Kratzer in der Landschaft, weiß man auch bei Rheinbraun. Die beteiligten Ministerien und Behörden, die bei der Eröffnung gestern vertreten waren, sind sich der Problematik ebenso bewußt wie der Notwendigkeit.

"Ein ganz besonderes Ereignis"

Minister Riemer appellierte in seiner Festrede an alle Beteiligten, auf dem Gebiet des Umweltschutzes weitere Anstrengungen zu unternehmen, damit die Belastungen weiter gesenkt würden. Für den Bürger bleibe wohl immer "ein Rest an Belästigungen" und besonders für die Umsiedler ein Verlust an immateriellen Werten, nämlich der Verlust einer altangestammten Umgebung.
Rheinbraun-Aufsichtsratsvorsitzender Professor Heinrich Mandel verstand den Tagebau als Garantie für die Versorgung der Verbraucher bis weit in das kommende Jahrhundert. Insofern sei Hambach für das Unternehmen ein "ganz besonderes Ereignis".
Bis 1990 werden im Hambach fünf Milliarden Mark investiert, von den insgesamt 15 000 Rheinbraun-Beschäftigten sind ständig knapp die Hälfte unmittelbar von Hambach I abhängig. Hinzu kommen die Belegschafter der RWE-Kohlekraftwerke, weitere 8 000 im Revier.

Vorstandsmitglied Dr. HansJoachim Leuschner ging vor den Gästen speziell auf die Probleme der Rekultivierung und der notwendigen Umsiedlungen ein. Rheinbraun sei sich der Verpflichtung bewußt, die Eingriffe in die Natur weitestgehend durch die Gestaltung einer neuen Landschaft zu beheben.

Für die Bewohner von LichSteinstraß, vor denen die Umsiedlung als "ein Berg voller Probleme" stehe, hatte Leuschner Trost parat: Sie möchten auch an den positiven Effekt einer Umsiedlung denken", an "die Verbesserung der Wohnqualität... --

Quelle: Kölner Stadt Anzeiger,  WalterSchmühl Di.17.Okt.1978

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Kritiker fordern neuen Teilplan

Erftkreis (tz) - Während der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister HorstLudwig Riemer am Bagger 289 grünes Licht für den Tagebau Hambach gab und das Schaufelrad des Baggers in Bewegung setzte, zogen ein paar hundert Meter weiterer Kritiker, an diesen Vorgängen auf. Mit Transparenten gaben sie ihrem Unmut über den Tagebau und die möglichen Folgen Ausdruck.
Gleichzeitig verschickte gestern eine Arbeitsgemeinschaft von vier Bürgerinitiativen (Hambach, Bergheim, Esch und Stetternich) einen Antrag an den Regierungspräsidenten in Köln, in dem die ganze Thematik noch einmal aufgerollt wird. Das Papier gipfelt in der Forderung, ein Teilplanverfahren 12/4 Ökologie und Landschaftsgestaltung - in Gang zu setzen.
Die Vertreter der Bürgerinitiativen argumentieren, die von,Wissenschaftlern in ihren ausführlichen Gutachtien vorgeschlagenen Auflagen seien größtenteils nicht in den jetzigen Teilplan und die Verbindlichkeitserklärung aufgenommen worden. Die Richtlinien zum Teilplan 12/1 wiesen erhebliche Mängel auf.
Als wesentlich nannten die Antragsteller, daß "keinerlei Feststellungen über die Feinstaubkonzentration lungengängige, (also gesundheitsgefährdende Mikrostäube) in den Richtlinien vorgesehen sind."
Die Antragsteller fordern die verbindliche Festlegung aller von den Gutachtern,für notwendig gehaltenen Maßnahmen." Den Gemeinden empfehlen die Bürgerinitiativen, den Antrag zu unterstützen.


Quelle: Kölner Stadt Anzeiger,  WalterSchmühl Di.17.Okt.1978

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Morschenich -  vergessenes Experiment

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Vor 40 Jahren wurde versucht, die Hambacher Kohle im Untertagebau zu gewinnen

Schachtanlagen abgerissen

Erftkreis (dk) - Rund 500 Meter tief und zum Teil 100 Meter mächtig sind die Flöze des künftigen Tagebaues Hambach, Daß diese Kohle nun im Tagebau abgebaut werden wird, ist inzwischen gesichert kaum vorstellbar, daß dies fast gar nicht notwendig gewesen wäre. Wenn nämlich die Versuche von Morschenich, die Hambach-Kohle im Untertagebau zu gewinnen, erfolgreich verlaufen wären. Doch vor rund 25 Jahren wurden sie abgebrochen. Ergebnislos. Wenn die Bagger in 50 Jahren in Morschenich ankominen, werden sie auch auf die alten Schächte und ein vergessenes Kapitel Geschichte des
rheinischen Braunkohlenbaues stoßen.

Über die ungeheuren Kohlevorkommen zwischen Bergheim und Jülich weiß man schon seit über 50 Jahren Bescheid. Doch daß bereits zu dieser Zeit Versuche gemacht worden sind, das braune Gold im Untertagebetrieb zu gewinnen, dürfte vielen Leuten hierzulande unbekannt sein.

Bei zahlreichen Bohrung in den Jahren 1927 bis 1930 im rheinischen Revier stießen die Meißel in unterschiedlichen Tiefen auf Kohle. Das Hauptflöz lag westlich des Vorgebirges ungefähr auf der Linie Kerpen - Bergheim - Bedburg, zum Teil mehr als 500 Meter tief mit einer Mächtigkeit von über 100 Metern.

Doch bis Mitte der 30er Jahre kannte man im rheinischen Braunkohlenrevier nur die flachen Tagebaue, Beim damaligen Stand der Technik galten die tiefergelegenen Lagerstätten als "Schätze auf dem Meeresgrund". Mit diesen Abbaumethoden wäre das Revier um 1985 ausgekohlt gewesen.

Die Kurzlebigkeit der Energielandschaft zwischen Frechen und Grevenbroich wurde dann nochmals rechnerisch drastisch verkürzt, als die Vierjahrespläne des "Dritten Reichs" die verschiedenen mit Kohleabbau befaßten Gesellschaften zwangen, im Jahre 1938 die Union Kraftstoff in Wesseling zu gründen. In deren Anlagen sollte aus der Braunkohle Benzin hergestellt werden.

Der erwartete Bedarf der Crackanlagen und die nach der Wirtschaftskrise ständig steigende Nachfrage nach Strom und Briketts hätte die geschätzte Lebensdauer des Reviers um weitere 20 Jahre verringert, so daß im Rheinland die letzte Kohle im Jahre 1965 gefördert worden wäre.

Eine solche Rechnung verursachte den für die Rohstoffversorgung verantwortlichen Reichsdienststellen einen Schock. Doch ein findiger Kopf wußte Abhilfe. Zum Entsetzen aller Fachleute mußten Versuche unternommen werden, Kohle im Untertageabbau zu gewinnen.

Untertagebau für Braunkohle gab es damals bereits im Sudentenland. Nur waren dort die Probleme bei weitem kleiner, da die Deckgebirge aus festem Stein und nicht wie im Erftland aus lockeren Massen bestanden. Außerdem so glaubten die Fachleute würden viele Milliarden Tonnen, Grundwasser über den Kohlelagerstätten später die Stollen regelrecht ersäufen.

Quelle: Kölner Stadt Anzeiger,  Dieter Klein Sa. 02.Juli.1977

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Keine braune Brühe aus dem Braunkohlenloch von Rheinbraun

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Gutes Trinkwasser für umliegende Kommunen

DÜSSELDORF. Alarmmeldungen über einen bevorstehenden Wassernotstand in vielen Teilen des Bundesgebietes haben den Blick der Öffentlichkeit erneut auf das Problem einer sicheren Versorgung mit Trinkwasser gelenkt. Durch phantastische Projekte soll dieses Problem gelöst werden. Zumindest in großen Teilen Nordrhein-Westfalens könnten aber die Wassersorgen auf elegante Weise aus der Welt geschafft werden, wenn ungenutzt in Erft und Rhein abgepumptes Grundwasser aus dem Braunkohlentagebau als Trinkwasser verwendet würde.

Die Städte Düsseldorf und Neuss wollen mit der Rheinische Braunkohlenwerke AG einen Vertrag zur Wasserlieferung abschließen, der zum Modell für Wasserlieferungsverträge mit zahlreichen anderen Kommunen werden könnte.

Zwei trockene Winter haben die Wasserversorgung in vielen Gegenden vor ernste Probleme gestellt. Aus den teilweise nur noch mit einem Bodensatz des begehrten Naß gefüllten Talsperren tauchten in den vergangenen Wochen und Monaten längst versunkene Dörfer auf. NRW-Landwirtschaftsminister Deneke kündigte bereits drastische Maßnahmen an. So sollen die Autofahrer notfalls nicht mehr ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung nachgehen können, dem Wagenwaschen. Sollte jetzt noch ein besonders trockener Sommer folgen, dann wäre wie kürzlich im Siegerland - auch in anderen Gebieten eine Wasserversorgung der Bevölkerung per Tankwagen die letzte Rettung.

Wenn die Lage an der Wasserfront heute schon so prekär werden kann, was erwartet uns dann erst in den kommenden Jahrzehnten? Für einzelne Gebiete wurde auf Grund der Zunahme der Bevölkerung bis 1985 mit einer Steigerung des Wasserbedarfs gegenüber dem derzeitigen Stand um 40% gerechnet. Bis zum Jahre 2010 wird eine nochmalige Steigerung auf dann 180% des jetzigen Bedarfs angenommen. Daher prüften z.B. die EWG-Behörden in Brüssel langfristige Möglichkeiten der Verwirklichung großer überregionaler Wasserversorgungssysteme. Sie gehen weit über das Projekt hinaus, den Bodensee, der heute bereits z. B. die Großstadt Stuttgart versorgt, zum Trinkwasserspeicher Europas zu machen. Wasserreiche Nachbarländer der Bundesrepublik möchten mit gigantischen Wasser-Pipelines aushelfen. So bietet z. B. die Schweiz die Lieferung von Quellwasser des oberen Rheintals nach Norddeutschland an. Und die Skandinavier würden ihr Reinwasser gern über 1500 km hinweg bis ins Ruhrgebiet und weiter nach Holland und Belgien pumpen. Für die Küstenregionen werden gigantische Meerwasserentsalzungsanlagen ins Auge gefaßt.

Milliardenprojekte

Alle diese Projekte würden Milliarden - Investitionen erfordern und zudem auf zahlreiche Widerstände stoßen. Ihre Verwirklichung ließe sich daher zeitlich nicht genau festlegen. Sofort realisierbar wäre dagegen die Nutzung eigener Wasserreserven. Zwar wurde nach dem Kriege eine Reihe neuer Trinkwasser-Talsperren und neuer Wasserwerke gebaut. Doch muß das kostbare Naß aus immer größeren Tiefen gefördert werden, damit beim Endverbraucher keine braune Brühe aus der Leitung fließt. Um So willkommener sind neue Wasser-"Quellen", zumal dann, wenn aus ihnen qualitativ hochwertiges Wasser sprudelt.

Eine solche Quelle scheinen die Städte Düsseldorf und Neuss aufgetan zu haben, wenn ein entsprechender Vertragsentwurf den Segen der Stadtverordneten findet. Für Neuss, das heute 10 Mill. und 1995 etwa 18 Mill. cbm Trinkwasser pro Jahr braucht würde die in Frage stehende Menge theoretisch bereits die volle Versorgung mit dem reinen Wasser von Rheinbraun bedeuten. Für Düsseldorf (heute 85 Mill. cbm, 1995 das Doppelte) wären die 15 Mill. cbm allerdings nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Bisher sieht der Vertragsentwurf die Lieferung von nur 30 Mill. cbm an beide Städte für die Dauer von 20 Jahren vor. Das ist zu wenig Wasser für eine zu kurze Zeit.

Bürokratische Hemmnisse

Es könnte wesentlich mehr sein. Denn aus den sechs großen Tagebauen von Rheinbraun der tiefste ist Fortuna mit 230 in Tiefe werden jährlich nicht weniger als 1,2 Mrd. cbm Grundwasser in die Erft bzw. über einen besonderen Kölner Randkanal in den Rhein geleitet. Zum Vergleich: In der gesamten Bundesrepublik beträgt das Trinkwasser-Aufkommen der öffentlichen Wasserversorgung "nur" 5,2 Mrd. cbm pro Jahr. Angesichts der jetzigen Wasserknappheit mutet dies wie eine ganz große Verschwendung an. Der Initiator des Wasserlieferungsvertrags, Stadtdirektor Willi Konz aus Neuss, glaubt, daß bei günstigeren Bedingungen der Lieferseite noch wesentlich mehr Kommunen bereit wären, ihren Zusatzbedarf an Trinkwasser durch einen Verbund mit Rheinbraun zu decken. Dazu müßte der Große Erftverband bereit sein, wesentlich länger als 20 Jahre laufende Wasserlieferungsverträge zu akzeptieren. NRW-Landwirtschaftsminister Deneke ist grundsätzlich bereit, das Düsseldorf-Neusser Projekt zu unterstützen. Allerdings kam hier ein klärendes Gespräch erst nach anderthalbjähriger Verzögerung zustande. Ob Deneke in der Lage ist, den Widerstand des Erftverbandes zu brechen, muß die Zukunft zeigen. Dazu Konz etwas bitter: "Die alten Römer bauten vor 2000 Jahren eine Wasserleitung aus der Eifel nach Köln. Aber damals galt noch das Wort: Roma locuta, causa finita. Heute gibt es bürokratische Hemmnisse, obwohl eine Trinkwassertalsperre von 30 Mill. cbm Fassungsvermögen nicht unter 100 Mill. DM zu haben ist." Andererseits lag die zu geringe Nutzung der Wasserreserven von Rheinbraun aber auch an den Kommunen selbst, die bisher glaubten, mit ihren eigenen Wasserwerken auskommen zu können.

Wasserwirtschaftier denken in langen Zeiträumen. Der "Soforthilfe-Plan" der Düsseldorfer und Neusser heißt nicht etwa, daß im kommenden Sommer schon die Braunkohlelöcher bei Bedburg die Löcher im Wasserangebot der beiden Städte stopfen können. Vielmehr fließt Rheinbraun-Wasser selbst bei unbürokratischer Planung und Durchführung nicht vor 1975. Abgesehen von der jetzigen Trockenheitsperiode ist das auch früh genug.

Gärtner-Plan für das Jahr 2000

Dagegen zielt ein bereits vor Jahren konzipierter Plan des Vorstandsvorsitzenden von Rheinbraun, Dr. Gärtner, auf die Sicherung der Wasserversorgung der kommenden Generation. Nach Beendigung der Auskohlung in den Tagebauen Garsdorf und Hambach - etwa 1995 bis 2010 - würden zwei riesige Löcher zurückbleiben, die sich nach Einstellen des Auspumpens nur langsam wieder mit Grundwasser füllen würden. Um diesen Prozeß der Wiederauffüllung zu beschleunigen, sieht der Gärtner-Plan den
Bau von je einem Verbindungsstollen zum Rhein vor. Das zunächst schmutzige Rhein-wasser könnte sich in den beiden künstlichen Seen selbst reinigen und als gigantische Trinkwasserreservoire dienen. Mit 3,2Mrd. cbm Stauraum und mehr als 30 qkm Fläche würden die beiden Seen fast doppelt so groß sein wie alle Talsperren der Bundesrepublik zusammengenommen. Man rechnet hier mit Investitionen von nicht mehr als 350 Mill. DM oder 10 Pf pro cbm Seeinhalt, während eine moderne Talsperre über 3 DM pro cbm Stauraum erfordert. Gärtner führt seinen Plan vor allem drei Vorteile an:

Sofortige Verfügbarkeit des laufenden abgepumpten Grundwassers zur Wasserversorgung für die Dauer der bergbaulichen Maßnahmen. Dieser Vorteil hat bei der Belieferung der beiden Großstädte bereits praktische Auswirkungen.

Ständige Anreicherung des Grundwassers aus dem Speichersee. Durch die Verweildauer des Wassers im Reservoir erfolgt eine natürliche biologische Klärung.

Größte Sicheiheit der Wasserversorgung, da die Anlage kaum gefährdete Punkte aufweist, wie sie z.B. die Staumauern von Talsperren darstellen.

Günstige Lage der beiden Seen zu den Bedarfsschwerpunkten zwischen Bonn, Duisburg und Aachen.

Quelle: HANDELSBLATT, JOSEF HESS , Samstag, 25. 3. 1972

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Energie durch "Wasserfall" im Braunkohlenrevier?

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Experten beurteilen Chancen eines Pumpspeicherkraftwerks positiv

Voraussetzung ist der Aufschluß der Tagebaue Hambach oder Garsdorf

Köln - Woher kommt morgen unser Trinkwasser? Über diese Frage diskutieren nicht nur Kommunalpolitiker und Wissenschaftler. Auch Leute der Praxis, zum Beispiel im linksrheinischen Braunkohlenbergbau, machen sich darüber Gedanken. Bekannt ist der sogenannte Gärtner-Plan, künftige Großtagebaue als künstliche Wasserspelcher zu verwenden. Neu ist der Vorschlag, im Braunkohlenrevier auch ein Pumpspeicherkraftwerk zu errichten und dadurch eine kombinierte wasser- und energiewirtschaftliche Nutzung zu erreichen. Experten halten das für möglich.

Das Prinzip ist bekannt: Beim Pumpspeicherkraftwerk stürzt, wenn zusätzliche Energie in Zeiten des Spitzenbedarfs erwünscht ist, das Wasser aus einem sogenannten Oberbecken durch einen mehrere hundert Meter langen Tunnel in die Tiefe, wo Turbinen angetrieben werden, die Strom erzeugen. Bei rückläufigem Strombedarf kann das Wasser aus einem Unterbecken durch die Tunnel wieder ins Oberbecken gepumpt werden: Die Reserven werden aufgefüllt.

Die Fachzeitschrift "Braunkohle" hat kürzlich über die Möglichkeiten, im Braunkohlenrevier ein Pumpspeicherwerk zu betreiben, berichtet. Dabei wurde vorausgesetzt, daß eine solche Anlage nach der Auskohlung der tiefen Tagebaue im Rheinland wirtschaftlich noch vertretbar ist.

Deckgebirge als Kippe

Bei einem Pumpspeicherwerk im Revier, so schreibt der Autor, würde das Oberbecken auf einer mit Aufschlußmassen angelegten Außenkippe liegen (bei neuen Tagebauen müssien die hohen Deckgebirge zunächst in der Landschaft als Kippe untergebracht werden, bismit dem fortschreitenden Tagebau der Abraum als "lnnenkippe" in der Rekultivierung verwandt werden kann Das Unterbecken würde durch das Restloch des Tagebaues gebildet.

Auf Grund der zur Zeit möglichen Kipptechnik und der Tagebautiefe dürfte der Höhenunterschied 300 bis 350 in betragen - genug für den Sturz in die Turbinen. Wenn man sich die Entwicklung innerhalb der Elektrizitätswirtschaft, so der Bericht weiter, mit einer Verdoppelunq der installierten Leistung in etwa zehn Jahren vor Augen führt, dann dürfte die Annahme einer Generatorleistung von 2000 Megawatt für ein Pumpspeicherwerk im Rheinland sicher nicht zu hoch gegriffen sein. Ausgeschlossen wird jedoch auch nicht eine Leistung von 4000 oder 6000 Megawatt, wenn es das Verbundnetz erfordert.

Stromverluste

Ob und in welchem Umfang überhaupt die Tagebaue Hambach (zwischen Buir und Jülich - die Autobahn Köln-Aachen müßte beim Aufschluß verlegt werden) und Garsdorf (südlich von Grevenbroich) für solche wirtschaftlichen Uberlegungen zur Verfügung stehen, ist zur Stunde noch nicht entschieden. Allerdings deutet vieles auf das Interesse von Rheinbraun am Aufschluß von Hambach hin. Rheinbraun-Direktor Dr. Erwin Gärtner: "Wenn Hambach nicht aufgeschlossen wird, entsteht einerseits ein bedeutender Verlust für die westdeutsche Stromversorgung und zum anderen wird die Möglichkeit vertan, durch neue Veredelungsvorhaben diesen preisgünstigen Rohstoff nutzbar zu machen."

Gärtner-Plan

Die bis zu 500 m tiefen mächtigen Flöze des Tagebaues Hambach enthalten hochwertige Rohkohle eines Heizwertes von 2300 bis 2800 Kilokalorien je Kilo Kohle. Die Vorräte reichen auch bei der vorgesehenen hohen Förderleistung von 50 Mill. Tonnen im Jahr - Tagebauinhalt fünf Milliarden Tonnen gleich zwei Mrd. Tonnen Steinkohleeinheiten - zur langjährigen Sicherung der Förderung im Revier.

Zum Vergleich: Die Reserven der Bundesrepublik an Erdöl ,betragen 81 Mill. Tonnen (116 Mill. Tonnen SKE), der Vorrat an Erdgas 395 Mill. Kubikmeter (435 Mill. Tonnen SKE). Der Energievorrat von Hambach liegt damit etwa in der Größenordnung der Energiereserven in den niederländischen Erdgasfeldern (2,2 Md. Tonnen SKE).

Der Vorschlag, auch im Rheinland ein Pumpspeicherkraftwerk zu bauen, basiert im übrigen auf dem sogenannten Gärtner-Plan zur langfristigen Trinkwasserversorgung. Rheinbraun-Direktor Dr. Erwin Gärtner hat schon vor ein paar Jahren vorgeschlagen, die ausgekohlten Gruben Hambach und Garsdorf als Wasserspeicher zu verwenden, die über unterirdische Stollen vom Rhein her mit Wasser versorgt werden sollen. Der Plan erregte nicht nur in Fachkreisen Aufsehen; er beschäftigte auch die Landesregierung.

Der See des Tagesbaues Hambach würde eine Fläche von 24 Millionen Quadratmeter bedecken und könnte - bei einer mittleren Tiefe von 104 m - etwa 2500 Mill. Kubikmeter Wasser aufnehmen. Garsdorf brächte es auf 765 Mill. Kubikmeter.

Demgegenüber sind die bisherigen großen Talsperren die reinsten Tümpel: Der Rursee faßt nur 205 Mill. Kubikmeter Wasser, die Biggetalsperre 162 Mill. Kubikmeter. Und die bekanntesten Braunkohlenseen im Südrevier, die vor den Toren Kölns zu Zentren des Wassersports geworden sind, zählen da schon gar nicht mehr: 3,13 Mill Kubikmeter im Liblarer See (553 000 qm, knapp 6 m tief), 1,40 Mill. Kubikmeter im Heider Bergsee (348 000 qm, 4 m tief).

Quelle: Kölner Stadt Anzeiger, Willy Kreitz, Die, 01. 02. 1972

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Licht an!

Strom für Deutschland: Beate Binder hat eine Symbolgeschichte der Elektrizität geschrieben

Barbusig und mit wehender Lockenpracht fliegt die Lichtgöttin durch den nächtlichen Himmel. Mit der rechten Hand hält sie eine kleine Lampe über ihren Kopf, die durch zwei Kabel mit der Batterie in ihrer linken Hand verbunden ist. Die gleißende Helligkeit der Lampe lässt sogar die Sterne ringsum verblassen. Ludwig Kandlers Illustration "Das elektrische Licht" von 1883 gehörte zum populären Bildgut des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Elektrizität wurde damals gerne allegorisch als göttliche Kraft, häufig in Gestalt einer strahlenden oder blitzenden Frau gezeigt. Uneingeschränkte Bewunderung der neuen Technik sprach aus derartigen Abbildungen.

Beate Binder hat für ihr Buch "Elektrifizierung als Vision" analysiert, wie Familien- und Satirezeitschriften, Fachblätter und moralische Wochenschriften Elektrizität beschrieben und bewerteten. Sie skizziert die Visionen, die Hoffnungen und die Kritik, die der neue unfassbare Stoff auslöste. Außerdem zeichnet sie ein Bild davon, wie Elektrizität von 1880 bis 1930 genutzt wurde.

Strom war vom Ende der Siebzigerjahre jenes Jahrhunderts an ein wichtiges Thema für die Presse, die zunächst fast nur über das elektrische Licht berichtete. Begeistert schrieben Journalisten über die aufwendigen Illuminationsspektakel, die an nationalen Feiertagen vor allem in Berlin stattfanden. Tausende waren auf den Straßen, wenn an einem Sedantag (zur Feier des Sieges über Frankreich) der Rathausturm beleuchtet wurde oder bei einer Kaiserfeier die Siegessäule "von elektrischer Flamme bestrahlt in goldenem Glanz" strahlte. Bei Bällen und in Theatern gehörte elektrisches Licht bald zur Grundausstattung. Auch Geschäfte, Cafés und Hotels warben leuchtend für sich - Glühbirnen als Prestigeobjekte. Das elektrische Licht sah aber nicht nur fantastisch aus, sondern war auch ungefährlicher, sauberer und heller als die sonst üblichen Gaslampen.

Binder konzentriert sich auf die kulturhistorische Darstellung ihres Themas. Technische Aspekte bleiben weitgehend ausgeblendet, wodurch ihr Buch auch für physikalisch Ahnungslose zu verstehen ist. Der Nachteil: Manchmal wäre etwas mehr Erklärung hilfreich. So ist in den Anfangskapiteln oft von "Bogenlampen" die Rede - ein Ausdruck, der heute nur aus dem Bereich des Fußballs bekannt ist. Gerne hätte man auch genauer erfahren, wie es die Elektrotechnikpioniere schafften, Strom über weite Strecken zu leiten.

Die Berichterstattung über Elektromotoren - die zweite wichtige Anwendung der neuen Technik - lag im Schatten der Lampeneuphorie. Die Motoren waren weniger glamourös, und es gab zunächst keine vergleichbar einleuchtenden Anwendungen. So setzte sich etwa die elektrische Straßenbahn erst gegen die Pferdebahn durch, als ab der Jahrhundertwende immer mehr Verkehr auf die Straßen drängte.

Kritik am elektrischen Fortschritt war selten. In Familienblättern kam sie höchstens in Nebensätzen vor. Nur die Satirezeitschriften wie der Kladderadatsch karikierten ab und zu die vielen neuen Erfindungen. Sogar die sozialdemokratische Presse konnte sich für die Elektrizität erwärmen: Schon Marx und Engels hätten prognostiziert, dass mit Hilfe neuer Techniken und der Entdeckung neuer Stoffe der Übergang zur sozialistischen Gesellschaft beschleunigt werde, weil die Klassenunterschiede verschärft würden. Bruno Borchardt lobte 1898 in den Sozialistischen Monatsheften die neuen Apparate gar als Befreier, die "den Menschen aus einem Sklaven zu einem freien Arbeiter (...) und zu einem genussfähigen Bürger dieser Erde" machen könnten. Getrübt wurden diese Elektroutopien jedoch von den realen Arbeitsbedingungen in den Fabriken, die die SPD-Blätter heftig angriffen: Die Arbeit wurde intensiver und dauerte länger. Manche Stellen wurden ganz wegrationalisiert.

Hier geht Binder leider nicht in die Tiefe: Sie gibt keine Zahlen oder Beispiele an, die die Folgen der neuen Technik für die Industrie beschreiben. Damit vertut sie die Chance, ihre stark auf das Bürgertum bezogene Darstellung um eine proletarische Perspektive zu erweitern.

Dafür wartet die Autorin mit einer spannende Episode frühen Ökowiderstands gegen die Elektrizität auf: Der "Deutsche Bund Heimatschutz" organisierte einen reichsweiten Protest gegen den Bau eines Wasserkraftwerks in Lauffenburg am Rhein, weil dadurch der "wildphantastische Zauber" der dortigen Stromschnellen zerstört würde. Die zahlreichen vom Bund lancierten Flugblätter und Artikel konnten den Bau des damals größten europäischen Kraftwerks dieser Art nicht verhindern.

Der elektrotechnische Fortschritt war unaufhaltsam - auch im Haushalt: Ab 1900 wurden noch relativ teure elektrische Bügeleisen, Föhne, Öfen und Kochgeräte angeboten. Beate Binder hat einige heute völlig obskur wirkende Anzeigen für diese Produkte in ihr Buch aufgenommen, womit die LeserInnen etwas entschädigt werden für die sehr spröde Wissenschaftssprache ihrer offenbar kaum überarbeiteten Dissertation. Eine "elektrische Heizluftdusche" (Föhn) wird beispielsweise als ideal zum Haaretrocknen, zur Behandlung von Rheuma und zum Bettwärmen in der Krankenpflege angepriesen.

Eines der interessantesten und anschaulichsten Kapitel des Buches behandelt die Auswirkungen der "elekrischen Dienstmädchen" auf die Rolle der Frau. Darin skizziert Binder Fragen, die vor allem frauenbewegte Kreise umtrieben: Sollen die vom Herd weitgehend befreiten Frauen arbeiten gehen? Entfremdet sie das von ihren Kindern? Ist Elektriziät also familienfeindlich?

Hundert Jahre später ist der Streit um Frauenerwerbsarbeit immer noch nicht beendet. Allerdings würde heute niemand mehr auf die Idee kommen, mit elektrischem Strom gegen Frauen zu argumentieren - Elektrizität ist selbstverständlich und allgegenwärtig. Und Thema in den Zeitungen ist sie nur noch, wenn sie ausfällt.

Beate Binder: Elektrifizierung als Vision. Zur Symbolgeschichte einer Technik im Alltag, Vereinigung für Volkskunde, Tübingen 1999, 396 Seiten, 42 Mark
Quelle: TAZ  6.3.2000

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