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Verlegung der Hambachbahn Stand 1999


Globale Variante

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Von Rheinbraun vorgegebene Variante

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Stellungnahme der Naturschutzverbände

Verlegung der Hambachbahn im Tagebau Hambach der Rheinbraun AG; Festlegung des Untersuchungsrahmens für die Umweltverträglichkeitsprüfung sowie die FFH-Verträglichkeitsprüfung

Vorschlag des Vorhabensträgers vom Oktober 1999; Scoping-Termin am 09. Dezember 1999

Sehr geehrter Herr Wartberg,

ergänzend zur Stellungnahme der BUND-Kreisgruppe Erftkreis vom 15.11.1999 möchten die Naturschutzverbände Ihnen anbei weitere Hinweise und Anregungen zum Untersuchungsumfang der UVS sowie der FFH-VP zuleiten.

Die im Rahmen der Planfeststellung vom Vorhabenträger vorgesehenen Untersuchungen und Prüfungen sind weder vollständig noch ausreichend. Sie bedürfen der wesentlichen Ergänzung und Erweiterung. In Ergänzung unserer bereits vorgebrachten Anregungen bitten wir um die Berücksichtigung der nachfolgend aufgeführten Punkte:

I. Vorhabensbegründung

Laut Aussagen des Vorhabensträgers soll mit dem Fortschreiten des Tagebaus ‚Hambach‘ etwa im Jahre 2013/2014 die derzeitige Trasse der Hambachbahn erreicht und damit eine räumliche Verlegung notwendig werden. Der Vorhabensträger konstatiert damit einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der bergrechtlichen Zulassung des Tagebaus, der Genehmigung des Braunkohlenteilplanes 12/1 Hambach und der Zulassung der Verlegung der Hambachbahn gemäß AEG. Von daher sind im Rahmen der Prüfung von Vorhabens- und Standortalternativen zwingend auch entsprechende Alternativ-Szenarien der Tagebauentwicklung zu berücksichtigen.

Die Fördermengen im Braunkohletagebau ‚Hambach‘ liegen mit derzeit 30,5 Mio. t/a weit unter den prognostizierten Mengen. Die alkalihaltige Hambacher Kohle kann nicht verfeuert werden. Statt dessen wurde die Förderung des auslaufenden Tagebaus Bergheim um 65% auf 12,8 Mio. t/a erhöht. Es erscheint daher höchst zweifelhaft, ob die heutige Bahntrasse zu dem vom Vorhabensträger erwarteten Zeitpunkt erreicht wird. Daneben machen die gravierenden Änderungen der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen es zunehmend wahrscheinlich, dass die gesamte Braunkohlenplanung eine grundsätzliche Änderung erfährt. Z.B. ist durchaus nicht auszuschließen, daß Rheinbraun in 10 Jahren den Tagebau nicht weiterführt, da die wirtschaftliche Grundlage fehlt. Diese Unsicherheiten sind zwingend im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigen. Eine irreversible Festlegung auf bestimmte Trassenvarianten der Hambachbahn, die sich ausschließlich auf die fragwürdige Planungsoptionen von Rheinbraun stützt, darf es nicht geben.

Ebenso wenig darf dem Vorhaben ein präjudizierende Wirkung im Hinblick auf eine mögliche Fortführungen des Tagebaus Hambach zukommen. Wenn z.B. die Hambachbahn an die DB-Trasse verlegt würde, griffe das dem dritten Rahmenbetriebsplan von Hambach (2020-2045) vor und hätte Signalwirkung für das Abbaggern von Manheim und Morschenich.

Der Untersuchungsrahmen sollte zudem auf das gesamte Gebiet der Gemeinde Merzenich ausgedehnt werden, da durch die Zerschneidung des Merzenicher Erbwaldes (Düren 3) das einzige Naherholungsgebiet der Gemeinde vernichtet wird.

Die Ortschaft Ellen würde durch die bei allen Varianten identische Trassenführung der Hambachbahn in eine nicht zu akzeptierende Insellage geraten: von Süden die Autobahn 4, westlich der näherrückende Tagebau Inden und östlich die Hambachbahn und der Tagebau Hambach selbst.

Insbesondere wird auch darauf verwiesen, dass derzeit keine abschließende Entscheidung über die Klage des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland LV NW e.V. (BUND) gegen das Bergamt Düren wegen der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes zur Fortführung des Tagebaus Hambach bis zum Jahre 2020 gefallen ist. Vielmehr hat der BUND gegen das Urteil vom 10. November 1999 einen Antrag auf Zulassung der Berufung eingereicht.

Auch wird im folgenden Planfeststellungsverfahren vorrangig zu prüfen sein, ob der verlegungsbedingte Eingriff – auch unabhängig vom letztendlichen Standort – wegen der ursächlichen Abhängigkeit des Eingriffs vom tatsächlichen Fortschreiten des Tagebaus grundsätzlich vermieden werden kann (§ 4 (4) LG NW).

II. Trassenführung

Der Vorhabensträger postuliert in seinem Vorschlag zum Untersuchungsumfang, dass aufgrund einer Voruntersuchung bestimmte Trassenführungen von vornherein aus Umwelt-, ökonomischen und technischen Gründen ausscheiden. Die Naturschutzverbände weisen noch einmal nachdrücklich darauf hin, dass die Unterrichtung über den geplanten Untersuchungsumfang der Umweltverträglichkeitsprüfung nach Inhalt und Umfang nicht als eine Vorwegnahme des anschließenden Zulassungsverfahrens durchgeführt werden darf (vgl. Ziffer 0.4.3 UVPVwV).

Gem. § 6 (4) Nr. 3 UVPG müssen alle Standort- sowie Vorhabenalternativen Bestandteil der UVP sein. Die seitens der Vorhabensträgers getroffene Vorauswahl und Priorisierung der sog. ‚Vorzugsvariante A‘ ist deshalb unzulässig.

Ökonomische Gründe sind bei der Bewertung sowohl der Umwelt- als auch der FFH-Verträglichkeit unerheblich. Neben der Prüfung einer Nullvariante, d.h. eines Verbleibes der Hambachbahn auf der derzeitigen Trasse, sind also zumindest die nachfolgenden Trassenvarianten zu prüfen:

  • Trasse ‚Umfahrung der Sophienhöhe‘: Höchst bemerkenswert erscheinen die Aussagen des Vorhabensträgers während des Scoping-Termines, dass diese Variante wegen der möglichen Beeinträchtigung des FFH-Gebietes ‚Lindenberger Wald‘ ausscheide. Auch die sog. ‚Vorzugsvariante A‘ würde ein FFH-Gebiet (‚Steinheide‘) beeinträchtigen und müsste deshalb selbst nach der Logik des Vorhabenträgers ausscheiden. Die postulierten "enormen betriebswirtschaftlichen Nachteile" einer solchen Trassenführung nördlich der Sophienhöhe sind angesichts der Umweltfolgen anderer Lösungen entscheidungsunerheblich.
  • Trasse über Innenkippe: Der Vorhabensträger schließt eine solche Trassenführung unzulässigerweise von vornherein aus und führt dazu bergbauliche Gründe an. Völlig unberücksichtigt bleibt dabei der Aspekt, dass eine solche Trassenführung wegen der Inanspruchnahme bergbaulich genutzter Flächen zwangsläufig die geringsten negativen Auswirkungen auf Natur, Umwelt und Landschaft haben wird. Die angeführten Probleme der Setzungen im verkippten Bereich schließen, wie der Tagebau Garzweiler I (A 44) zeigt, zudem keineswegs per se eine verkehrstechnische Inanspruchnahme aus. Hier sind weitergehende Untersuchungen im Rahmen einer UVP notwendig, die die angebliche technische Unmöglichkeit einer Bahntrasse glaubhaft machen. In diesem Zusammenhang sollten auch verschiedene Varianten hinsichtlich der Gradientenführung (Tieflage etc.) geprüft werden.
  • Mischvariante: Kombination Bandanlage-Bahntrasse: Die Steigung zur Innenkippe könnte z.B. auch mit einer Bandstraße, ausgehend vom Verschiebebahnhof, überwunden werden. Eine Mischvariante aus Bandanlagen und Kohlebahn ist in so fern eine naheliegende Alternative.
  • Trasse entlang der Abbaugrenze des Rahmenbetriebsplanes bis 2020: Diese mögliche Variante, die im westlichen Bereich die jetzige Trassenführung beibehalten würde, während im östliche Bereich eine Heranführung an die jetzige Autobahn A 4 erfolgen könnte, blieb bislang völlig unberücksichtigt. Gerade auch im Hinblick auf die bislang ungewisse Verlegung der Autobahn A 4 kommt der Einbeziehung dieser Trassenvariante eine erhebliche Bedeutung zu.
  • Trasse unmittelbar südlich des FFH-Gebietes ‚Reste des Hambacher Forstes‘: Auch eine südliche Umfahrung des o.g. FFH-Gebietes im Bereich des bergrechtlich nicht zugelassenen, aber geplanten Abbaus von 2020 bis 2045 ist denkbar und gehört zum zwangsläufig notwendigen Untersuchungsumfang.
  • Variante ‚Westliche Umfahrung der Steinheide‘: Auch diese Variante ist unzulässigerweise von vornherein ausgeschlossen worden, da sie eine geringfügig geringere Braunkohlennutzung bedingen würden. Gerade aber auch bei der Prüfung der FFH-Verträglichkeit spielen solcherart, gegenüber dem Naturschutz nachrangige wirtschaftlichen Belange keine Rolle.
  • Variante ‚Östliche Umfahrung der Steinheide‘: Diese Variante wurde wegen ihrer Mehrlänge und zwei notwendigen Untertunnelungen einer möglichen A 4n von vornherein herausgenommen. Aus Sicht des Naturschutzes dürfen dies jedoch ebenfalls keine Ausschlusskriterien sein.
  • Variante ‚Großräumige Umfahrung‘: Eine solche Variante mit einer Trassenführung südlich der Linie Buir-Sindorf, die nach erster Einschätzung zumindest keine FFH-Gebiete beeinträchtigen würde, muss aus Naturschutzsicht in die Prüfungen miteinbezogen werden.

III. Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Umwelt

Entsprechend der o.a. Notwendigkeit der Untersuchung aller vorgeschlagenen Varianten in der UVP ist der vorgesehene Untersuchungsraum entsprechend zu vergrößern. Das Untersuchungsgebiet ist grundsätzlich anhand des tatsächlich möglichen ökologischen Beeinflussungsgebietes abzuleiten und darf nicht auf einen schmalen Korridor längs der geplanten Trasse reduziert werden.

Die außergewöhnliche floristische und faunistische Bedeutung des Hambacher Forstes, des Lindenberger Waldes und der Steinheide mit Altwaldbeständen und hohem Totholzanteil müssen bei der Bewertung der Umweltverträglichkeit einer Verlegung der Hambachbahn ganz besonders berücksichtigt werden. Der tagebaubedingte irreversible Verlust solcher Lebensräume in der Region einschließlich der natürlich gewachsenen Waldböden (sehr hohe Lebensraumbedeutung) bedeutet einen schon jetzt nicht ausgleich- oder ersetzbaren Eingriff in Natur und Landschaft. Diese Vorschädigungen des Naturraumes und diesbezügliche Wechselwirkungen sind im Rahmen der UVP angemessen zu gewichten.

Auch müssen die Wechsel- und Summationswirkungen im Kontext mit den durchgeführten Sümpfungsmaßnahmen berücksichtigt werden, insbesondere bei der Manheimer Steinheide, dem Merzenicher Erbwald, etc.

Hinsichtlich des konkreten Untersuchungsumfanges schlagen die Naturschutzverbände daher vor:

  • Biotoptypenkartierung nach dem LÖBF-Schlüssel; zusätzlich hierzu räumliche Konkretisierung von Lebensraumtypen der FFH-RL im Sinne des FFH-Handbuchs des Bundesamtes für Naturschutz bzw. des ‚Interpretation manuals‘ der EU-Kommission.
  • in – aus ökologischer Sicht – höherwertigen Lebensräumen sind zusätzlich Aussagen zur vorkommenden Pflanzengesellschaft vorzulegen. Hierzu sollte eine pflanzensoziologische Aufnahme der einzelnen Bestände erfolgen. Eine etwaige Sonderstellung z.B. der Laubwaldbereiche innerhalb der Kölner Bucht (Vorkommen sonst fehlender Waldtypen) sollte aufgrund der Bestandserfassung ableitbar sein.
  • punktscharfe Kartierung von Tier- und Pflanzenarten des Anhangs II der FFH-RL sowie von Vogelarten des Anhangs I der VSchRL sowie bedrohter Zugvogelarten i.S. von Artikel 4 (2) VSchRL.

Methodik:

ð Säugetiere: Fallenfänge zur überschlägigen Erfassung der Kleinsäuger in den unterschiedlichen Biotopkomplexen, ca. 5 Detektor-Begehungen zur Ermittlung der Fledermausfauna (mehrere Anhang II-Arten der FFH-RL). Bei Verdachtsmomenten zum Vorkommen der Bechsteinfledermaus sind Netzfänge an geeigneten Habitaten vorzusehen. Aussagen zum Vorkommen des Baummarders als typische Art größerer Laubwälder auch zur Charakterisierung des zoologischen Wertes des Gebietes (Zerschneidungseffekte).

ð Vögel: flächendeckende qualitativ/halbquantitative Kartierung der Brutvogelwelt mit 5 Begehungsterminen. Innerhalb der ökologisch wertvollen Bereiche (z.B. Laubwälder) sollten die charakteristischen biotoptypischen bzw. besonders seltenen Arten quantitativ (Revierkartierung mit ca. 10 Begehungen) erfaßt werden. Dies gilt insbesondere für Anhang I-Arten der VSchRL.

ð Amphibien: Kartierung der Laichvorkommen von Amphibien mit einer Quantifizierung der Populationsgrößen. Zudem sollten auch Aussagen zur Lage und Ausdehnung von etwaigen Wanderbeziehungen gemacht werden, um die Auswirkungen von Zerschneidungseffekten auf die Amphibien beschreiben zu können. Eine flächendeckende Kartierung von Sommerlebensräumen kann u.U. auf den Kammolch (Anhang II FFH-RL) und den Springfrosch beschränkt bleiben. Eine Kartierung der Reptilien erscheint an dieser Stelle verzichtbar, es sei denn, daß das Vorkommen der Schlingnatter zu vermuten ist.

ð weitere Anhang II-Arten der FFH-RL: insbesondere ein etwaiges Vorkommen des Hirschkäfers sollten detailliert untersucht werden (Kartierung von Flugbereichen bzw. potenziellen Lebensräumen der Art).

ð aus Sicht der Naturschutzverbände ist der ökologische Wert der Wälder des Gebietes durch eine Fülle von Fachveröffentlichungen umfangreich belegt. Aufgrund dessen kommt der Frage nach den Einflüssen einer Zerschneidung der Laubwaldbereiche auf die charakteristische und biotoptypische Fauna eine maßgebliche Bedeutung zu. In so fern ist es geboten, Zerschneidungseffekte anhand einer Auswahl typischer Arten zu untersuchen. Die Naturschutzverbände schlagen hierzu folgende Beispielarten vor: Baummarder, Waldfledermausarten, Spechtarten, Kammolch, Erdkröte und Springfrosch, Hirschkäfer (falls vorhanden), biotop-typische Schmetterlinge wie z.B. Argynnis paphia, Pararage aegaria und Lasiommata megera, flugunfähige biotoptypische Arten, wie Carabus coriaceus.

Ergebnis dieser Betrachtungen, die im Detail gern mit dem beauftragten Planungsbüro abgesprochen werden können, sollte in jedem Einzelfall die auch quantitative Abschätzung des Einflusses einer Zerschneidung der Waldflächen sein, die insbesondere im Hinblick auf die FFH-Thematik von großer Bedeutung ist.

  • Z.B. auch für das Schutzgut ‚Boden‘ sollten neue Untersuchungen nach aktuellen Standards (zumindest im Maßstab 1:5000) erfolgen. Ein Rückgriff auf allgemein zugängliche Daten, u.a. die Bodenkarte 1:50.000, ist unzureichend.
  1. FFH-Verträglichkeitsprüfung
  • Alle potenziellen FFH-Gebiete müssen in eine vollwertige FFH-Verträglichkeitsprüfung einbezogenen werden. Den Ausführungen des Vorhabensträgers, wonach z.B. für das potenzielle FFH-Gebiet DÜR 3 (‚Reste des Hambacher Forstes‘) eine geringere Untersuchungstiefe ausreiche, muss vehement widersprochen werden.
  • Die beiden potenziellen FFH-Gebiete ‚Lindenberger Wald‘ und ‚Steinheide‘ gehören in die fachliche Kulisse der von der LÖBF/LAfAO aufgestellten Tranche 2. Innerhalb dieser Kulisse finden derzeit Kartierungen statt, deren Methodik noch umstritten ist. Unabhängig davon haben die NRW-Naturschutzverbände ihrerseits bereits 1998 diejenigen Gebiete nach Brüssel gemeldet, welche die fachlichen Kriterien der FFH-RL erfüllen. Da von dem geplanten Vorhaben eine erhebliche Beeinträchtigung all dieser potenziellen FFH-Gebiete zu erwarten ist, ist eine vollwertige FFH-Verträglichkeitsprüfung auch bezüglich dieser Flächen durchzuführen.
  • Auch die Arten und Lebensräume des Anhanges IV der FFH-RL sind in der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen.

In der Anlage sende ich Ihnen zu Ihrer Informationen eine Veröffentlichung zum Inhalt der FFH-VP zu, die die Position der Naturschutzverbände wiedergibt.

Ergänzende Ausführungen behalten wir uns vor. Um flexibel auf die Ergebnisse der Untersuchung reagieren zu können, bietet sich in diesem Zusammenhang auch die Durchführung weiterer Besprechungen mit dem Vorhabenträger an.

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